5. Januar 2018

Trump muss wahnsinnig sein

Für viele war es der Betriebsunfall der Geschichte schlechthin: Am 19. Dezember des Jahres 2016 wurde durch das vorher gewählte Wahlkollegium Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA gewählt. Monatelang war verkündet worden das die Wahl gelaufen sei, Hillary Clinton die erste Präsidentin der USA würde und nicht wenige hielten die Kandidatur von Donald Trump ohnehin für einen Witz. Am Morgen des vorhergegangenen 9. November, als das Ergebnis der Wahl sich festzog, war das Lachen dann diesen im Halse stecken geblieben und die linke Seite der USA fiel in eine vorrübergehende Schockstarre. Übrigens nicht nur die linke Seite, selbst bei den Republikaner rieben sich einige die Augen und konnten nicht so recht verstehen wie so viele so einen, in ihrer Empfindung Bauerntrampel, ins weiße Haus schicken wollten.


Anfang des Jahres 2017 legte sich dann der Pulverdampf und Trump begann zu regieren. Und der Start war schlecht, vieles (einige würden sagen zu vieles) war vollmundig angekündigt worden und Trump scheiterte am politischen Prozess wie nur ein Aussenseiter daran scheitern kann. Er war nicht in der Lage Mehrheiten zu organisieren und der rechtliche Apparat wehrte sich mit Händen und Füßen gegen den neuen Wind. Das war eine Steilvorlage, nicht nur für die Demokraten, die sich immer noch die Wunden leckten, und schnell entstand das Bild des inkompetenten Präsidenten, der nichts auf die Kette bekommt, aber permanent große Bilder herbeischwadroniert. Das Bild hat sich bis heute in der deutschen Presse gehalten, war aber auch lange in den USA poulär.

Seit einigen Monaten beginnt dieses Bild aber zu kippen.

Man hätte nach dem holprigen Start vielleicht erwartet, dass Trump die Schaumschlägereien einstellt und ein bischen tiefer stapeln würde. Das ist nicht geschehen, man hat den Eindruck, er dreht sogar noch mehr auf. Man hätte ebenso erwartet, dass er dann eben seine Versprechen einkassieren würde, wie das in der Politik ja auch nicht selten ist. Auch das ist nicht geschehen. Es passierte eher etwas mit dem die allerwenigsten gerechnet haben: Trump begann zu liefern.

Und die Liste ist für ein Jahr gar nicht mal so schlecht: Der Einwanderungserlass, über dessen Scheitern vor Gericht sich zunächst die halbe Linke totgelacht hatte, ist inzwischen Realität. Die USA ist, wie von Trump angekündigt, aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen. Kein Präsident hat durch Verordnungen und Erlässe mehr Umweltauflagen aufgehoben als Trump. Und Trump gelang es als erster Präsident seit Ronald Reagan nicht nur von einer Steuerreform zu schwatzen sondern auch auf die Beine zu stellen. Die Wirtschaft der USA hat seit Trump regiert deutlich zugelegt, die Aussichten für das nächste Jahr sind recht gut. 1995(!) beschloss der Kongress den Umzug der Botschaft der USA nach Jersualem, Trump ist der Präsident, der es umsetzt. Und Trump ist auch der Präsident, der derzeit gerade dabei ist die Hilfsmillionen an die Palästinenser einzustellen, wenn die sich nicht endlich an den Tisch setzen, um Frieden zu stiften. Und Trump ist auch der erste Präsident, dem es gelungen ist China so weit zu bringen, dass sie endlich(!) das wachsende Nordkorea Problem ernst nehmen.
Das ist für ein Jahr recht viel. Zuviel. Und so langsam geht manchem die Düse, dass dieser Präsident eben nicht nur Schaum schlägt (was er zweifelsohne reichlich tut), sondern auch tatsächlich liefert. Er hat bereits in einem Jahr mehr umgesetzt als der Heilsbringer Obama in acht Jahren. Er redet eben nicht nur, er handelt leider(?) auch. Wenn er in dem Tempo weiter macht, dann ist Obamacare in drei Jahren Geschichte, der Grenzzaun wird gebaut (und inzwischen würde ich nicht mal mehr darauf wetten, dass die Mexikaner ihn nicht wirklich bezahlen werden) und Nordkorea wird zumindest nicht mehr von Kim Jong Un beherscht.

Das macht vielen, nicht nur der amerikanischen Linken, allmählich Sorgen. Und deshalb muss man dringend etwas tun. Andernfalls besteht nicht nur die Gefahr, dass Trump acht und nicht vier Jahre regiert (was weder die Demokraten noch viele Republikaner wollen), es besteht auch das große Risiko das das Experiment jemanden, der nicht aus dem politischen Betrieb stammt, zum Präsidenten zu machen, nicht grandios scheitert.
 
Der Sondermittler in den Russland-Kontakten hat es nicht so recht gebracht, und es ist nicht davon auszugehen, dass da noch viel Honig draus gesaugt werden kann. Die eine oder andere Empörungskampagne, als Trump nicht schnell genug Betroffenheit heuchelte, hat auch immer nur ein paar Tage gezündet und ist nicht langfristig tragfähig gewesen. Der neueste Streich ist jetzt der vorgebliche Geisteszustand des Präsidenten. Ein (erstaunlich gutes) Resümee dieses Angriffs findet sich heute in der FAZ. Eine amerikanische Professorin für Psychiatrie hat nun also Zweifel an dem Geisteszustand des Präsidenten. Und sie hat 100 Kollegen, die das auch so sehen. Das Mittel der Bestimmung? Twitter. Insbesondere der Tweet vom vergangenen Dienstag, in dem Donald Trump Nordkorea daran erinnerte, dass man (im Unterschied zu Nordkorea) einen durchaus stärkeren und funktionierenden Atomknopf habe. Wow. Das ist mal eine Diagnose. Nicht nur das an dem Tweet sachlich nicht das geringste falsch ist, nein, aus solchen Tweets meint Frau Bandy X. Lee, ihres Zeichens Assistenzprofessorin in Yale, den Geisteszustand eines Menschen bestimmen zu können. Und - Überraschung - die demokratischen Abgeordneten im Kongress können es gar nicht erwarten mit ihr darüber zur reden.
Von der Ethik der Dame mal ganz abgesehen ist allerdings der Vorwurf einer narzistischen Persönlichkeitsstörung unfreiwillig komisch. Von wem stammt das (Teil-)Zitat "we will be able to look back and tell our children that this was the moment when we began to provide care for the sick and good jobs to the jobless; this was the moment when the rise of the oceans began to slow and our planet began to heal" ? Der letzte Präsident hielt sich für den Messias, aber bei Trump ist Narzismus plötzlich ein Problem. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Trump durch und durch ein Narzist ist, ich frage mich nur wo die ganzen Ferndiagnostiker eigentlich 2008 waren als sich jemand selber zum Heiland krönte. Ich würde vermuten sie haben Geld für die Obama-Kampagne gesammelt.

­Ich kann verstehen das Trump vielen Leuten ein absoluter Dorn im Auge ist. Bis 2016 haben sie ihn halt einfach nur für einen Idioten gehalten. Als der "Idiot" dann auch noch gewählt wurde, musste er ein Verräter sein. Und als das nicht gezündet hat, muss er halt geisteskrank sein. Egal was, egal wie, Hauptsache irgendwie weg. Ich frage mich was als nächstes kommt: Nazi vielleicht?

Llarian

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